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Jubiläumsball im Kurhaus

                                       
Was kann man von einem Schulball erwarten, der die Veranstaltungen rund um das 60-jährige Bestehen einer Schule krönen soll? Wer solche Veranstaltungen kennt, lächelt müde und erwartet eine ausführliche, lückenlose Begrüßung aller Ehrengäste, zumindest vier lange Reden, unterbrochen von einem Streichquartett, aufgelockert durch wiederholte Bühnenauftritte singender, tanzender oder schauspielerneder Schüler mit viel gutem Willen und wenig Bühnenerfahrung, dazwischen ein Moderator, der dem ganzen Ereignis einen Stringenz verleiht, und danach, wenn alle bereits zu ermattet vom Pflichtprogramm sind, schließlich die Tanzmusik, nach der die Veranstaltung eigentlich benannt ist.
 
Die Humboldt-Schule hatte sich für einen anderen Weg entschieden, wie sie am vergangenen Samstag, 27. Oktober, im Wiesbadener Kurhaus unter Beweis stellte. Die Organisatoren hatten sich bereits im Vorfeld die Frage gestellt, an wen sich eine solche Veranstaltung eigentlich richtet und was deren Bedürfnisse sind: Da auch das Jubiläumsjahr unter dem Motto „Schule ist mehr als Unterricht“ stand, sollte der Jubiläumsball zu einer Möglichkeit werden, sich gemeinsam zu erinnern und das Erreichte zu würdigen.
 
Der Wiesbadener Schauspieler Jan-Markus Dieckmann schlüpfte dafür in die Rolle des Namenspatrons, Wilhelm von Humboldt, und geleitete das festlich gewandete Publikum im Dialog zum Thema des Abends, spielte dabei auf Humboldt und seine Zeit an und schlug die Brücke zur Gegenwart. Daran schlossen sich eine kurze, pointierte Begrüßungsrede des dienstältesten Wiesbadener Schulleiters, Hans Griebling, und ein fesselnder Vortrag des hessischen Kultusministers, Prof. Dr. Alexander Lorz an, der als Ehrengast eingeladen war und die Gelegenheit nutzte, aus persönlichen Erinnerungen, Schulakten und der täglichen Arbeit eine Würdigung des Schulkonzepts und der Schulwirklichkeit zusammenzustellen. Augenzwinkernd erklärte er, dass er daran arbeite, das Alleinstellungsmerkmal der Humboldt-Schule auch auf andere Schulen zu übertragen – die gebundene Ganztagsschule sei 1958 ein zukunftweisendes Projekt gewesen und trage an der Humboldt-Schule hervorragende Früchte.
Anschließend zog die russische Sandkünstlerin Alla Denisova selbst skeptische Zuschauer in ihren Bann, als sie den gesamten Saal mitnahm auf eine Reise durch die (Schul-)Zeit und erntete dafür stürmischen Applaus. Auch der Leuchtjongleur Christoph Rummel wurde mit viel Beifall bedacht.
Danach war der Abend frei für das, worum es den meisten ging: Alte Lehrer und Mitschüler wiedertreffen, einige nach 40 und mehr Jahren, und sich der gemeinsamen Zeit zu erinnern ebenso wie über neue Entwicklungen zu sprechen. Ehemalige Schüler waren stolz auf ihre Schulzeit und auf das, was ihnen vermittelt wurde, ehemalige Lehrer stolz darauf, was aus ihren einstigen Schützlingen geworden ist.
 
Nebenbei sorgten Michelle Poole und Band sowie der DJ Patrick Doré für ausgelassene Mitsing- und Mittanz-Stimmung, und im Muschelsaal führte Humboldt-Absolvent und SWR.-Moderator Michael Münkner durch das Programm der musikalischen schulischen Nachwuchstalente. In den anderen Bereichen ging es ruhiger zu, dort konnte gespeist, geplaudert oder in Form von Ausstellungen eine visuelle Reise durch sechs Jahrzehnte unternommen werden, und wer wollte, konnte in einem stilvoll aufgemachten Klassenbuch von 1958 seinen Gästekommentar hinterlassen, sogar mit Jubiläums-Selfie. Erst weit nach Mitternacht konnte Moderator Manfred Dietrich den Jubiläumsball beenden, der so ganz anders und so viel frischer, inspirierender und kommunikativer war als ein klassischer Schulball.       Video